Fußnoten

 

1 Solche Darstellungen finden sich vorwiegend in Jubiläumsschriften des Waisenhauses und in Gesamtdarstellungen über die Französische Kolonie und ihre Einrichtungen. Als solche seien hier die beiden Jubiläumsschriften genannt: Direction de la Maison des Orphelins, Maison des Orphelins (1826); Die Direction des französischen Waisenhauses, Jubelschrift (1875) und als Gesamtdarstellungen in zeitlicher Reihenfolge besonders: C. Reyer, Geschichte der französischen Kolonie, S. 203 ff.; E. Muret, Geschichte der Französischen Kolonie, 152-157; U. Fuhrich-Grubert, Französische Kirche zu Berlin, S. 28-30

2 Es handelt sich um den Beitrag von E. Birnstiel (ders., Zwischen zwei Kulturen, S. 100-135; vgl. auch ders., Schule der Untertanen). Auch U. Fuhrich-Grubert ordnet in ihrem Buch über die Einrichtungen der Französischen Kirche zu Berlin, in dem sie „Diakonische Einrichtungen“, „Schulen“, „Kirchen“ und „Friedhöfe“ unterscheidet, das Waisenhaus nicht etwa unter „Diakonische Einrichtungen“ ein, sondern unter „Schulen“ (vgl. dies., Die Französische Kirche zu Berlin, S.28-30). Das mag praktische Gründe haben und sicher ist die Einrichtung eine „Erziehungsanstalt“ gewesen, aber die Zuweisung entspricht kaum der Entstehungsgeschichte und dem Selbstverständnis des Waisenhauses, dessen Leitungsgremium, acht Personen umfassend, zur Hälfte aus Mitgliedern des consistoire (Presbyterium) bestand, von denen wiederum zwei Anciens-Diacres („Diakone“, genauer „Diakonen-Älteste“) waren. Der Sekretär des diaconat der Gemeinde war automatisch eines dieser beiden Mitglieder (vgl. Kapitel 38 § 2 der Reglements der franz. Kirchengemeinde: Reglements, (deutsche Fassung) S. 106)

3 In den beiden Jubiläumsschriften heißt es lediglich, dass man vor der Waisenhausgründung über verschiedene andere Waisenhäuser Erkundigungen einholte, darunter auch über das von Francke in Halle gegründete (vgl. Direction de la Maison des Orphelins, Maison des Orphelins, S. 6; Die Direktion des Französischen Waisenhauses, Jubelschrift, S. 5). In neuerer Literatur ist hingegen sogar die Rede davon, dass das Waisenhaus nach dem Vorbild des Waisenhauses in Halle enstanden sei (z.B. G. Fischer, Hugenotten in Berlin, S. 40; K. Steiner, Schulwesen, S. 213). Jedoch werden für diese Aussage keine Quellen angegeben. Es handelt sich wohl um Interpretationen dieser älteren Jubiläumsschriften

4 So z.B. bei E. Birnstiel, Hugenotten in Berlin, S. 68 und ders., Zwischen zwei Kulturen, S.113; in der Darstellung ähnlich: U. Fuhrich-Grubert, Die Französische Kirche zu Berlin, S. 28

5 Vgl. H. Kallert, Waisenhaus

6 Diese sind bislang leider in der auf den deutschen Raum bezogenen Armenfürsorgegeschichte von historischer Seite kaum berücksichtigt worden. So bleiben ihre Ergebnisse in der wichtigen Arbeit von C. Sachße / H. Tennstedt unbeachtet (vgl. dies., Geschichte der Armenfürsorge). Auch aus dem erziehungswissenschaftlichen bzw. sozialpädagogischen Bereich haben sich nachfolgende neuere Arbeiten kaum mit ihren Thesen bzw. Ergebnissen auseinandergesetzt (so weder geschehen bei: R. Weber (ders., Deutsches Armen- und Bettelwesen) noch bei: P. Maul (ders., Formen der sozialen Intervention), obwohl beide ausführlich auf Waisenhäuser und Waisenhauserziehung dieser Zeit eingehen

7 Ein solches Vorgehen wählt auch U. Sträter in seinem kirchengeschichtlichen Beitrag über „Pietismus und Sozialtätigkeit“, in dem er versucht, die „Armen- und Waisenhausgründungen von Frankfurt und Halle im Kontext der Gründungen ähnlicher Anstalten ihrer Zeit zu sehen“ (U. Sträter, Pietismus und Sozialfürsorge, S. 206)

8 Solche Pauschalisierungen sind leider gelegentlich in Arbeiten zu finden, die beanspruchen „Alltagsgeschichte“ zu schreiben und dabei aber weite Teile „des Alltags“ ausklammern. Einfach ist es, von „Ausbeutung“ zu schreiben und sich auf die Seite der Ausgebeuteten zu stellen. Schwieriger ist es schon, danach zu fragen, wie die unterschiedlichen Interessen dabei zusammenwirkten oder aber ob und wo sie vielleicht sogar aneinander gerieten. So bleibt etwa bei D. Sinn / R. Sinn unklar, ob kirchlich-private Waisenhäuser auf gleiche Weise wie die staatlichen mit „Zwangsmitteln“, „Arbeitsdisziplin“ und „skrupelloser Ausbeutung“ in Verbindung zu bringen sind oder nicht ( vgl. dies., Der Alltag in Preußen, S. 145/146). Die Unterscheidung geschieht allenfalls formal, wird aber inhaltlich nicht weiter exemplifiziert. Folglich finden sich dann auch schließlich so inhaltslose, nichtssagende Sätze wie: „Als vorzügliche Einrichtungen galten die Stiftungen der französischen und jüdischen Kolonie“ (dies., a. a. O., S. 157). Diese Aussage könnte natürlich gerade für das uns interessierende Thema von Bedeutung sein. Aber die Autoren müssen sich fragen lassen: Wenn dem tatsächlich so gewesen sein soll, was verschlägt es dann in einer „Alltagsgeschichte“ danach zu fragen, für wen und weshalb sie als „vorzüglich“ galten und was mit „vorzüglich“ konkret gemeint gewesen ist?
Als ähnlich problematisch ist es zu werten, wenn z.B. der Pietismus in der Arbeit über „Armenfürsorge in Deutschland“ von H. Sachße / F. Tennstedt gänzlich unberücksichtigt bleibt (vgl. dies., Geschichte der Armenfürsorge) – so zu Recht schon von U. Sträter kritisiert (ders., Sozialtätigkeit und Pietismus, S. 206, Anm. 31). Auf diese Weise fallen Versäumnisse und Leistungen einer großen zeitgenössischen Bewegung ganz aus dem Blickfeld dieser „sozialen“ Geschichtsschreibung.

9 Vgl. dies., a. a. O., S. 1

10 Zu diesen vier Phasen vgl. H. Kallert, a. a. O., S. 12f und S. 14-47

11 H. Kallert, a. a. O., S. 12

12 Vgl. die detaillierten und überzeugenden, weil nach einer komparativen Methodik verfahrenden, Ausfüh­rungen U. Sträters (ders., Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 201-230), siehe auch weiter unten S. (?)

13 H. Kallert, a. a. O., S. 13

14 Da sich die Arbeit von H. Kallert in erster Linie auf den deutschen Sprachraum bezieht, darf es nicht verwundern, dass die Verknüpfung mit merkantilistischen Zielen hier erst relativ spät angesetzt wird, auch wenn manche Beispiele dieses Typs bereits früher existiert haben mögen

15 Zum „Waisenhausstreit“ siehe unten

16 Zu den „Industrieschulen“ siehe unten

17 Vgl. hierzu und zum Folgenden H. Kallert, S. 48-120

18 Häufig ging es um Spinnarbeiten. Die Unternehmensform war entweder das Verlagssystem, die Eigenunter­nehmung oder die Verpachtung. Letztere brachte die größten Risiken und die größte Fremdbestimmung mit sich, da die Kinder der Aufsicht und Gewalt anderer „Erzieher“, d. h. der Meister o. a. ausgesetzt waren (vgl. H. Kallert, a. a. O., S. 72f.)

19H. Kallert, a. a. O., S. 74

20 Ebd.

21 Vgl. H. Kallert, a. a. O., S. 74 f.

22 H. Kallert, a. a. O., S. 75.

23 H. Kallert, a. a. O., S. 45/46

24 Im Gegensatz zu früher erschöpfte sich der Gedanke der gesellschaftlichen Nützlichkeit jedoch nicht mehr nur darin, dass der Bettel abgeschafft und die Kosten der Armenversorgung durch erwirtschafteten Ertrag der Armen selbst in Grenzen gehalten würden. Man fragte auch positiver nach dem Beitrag und der Rolle der Armen als nützliche Glieder in einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive und Entwicklung

25 Zum vorangegangenen Abschnitt vgl. H. Kallert, a. a. O., S. 80

26 H. Kallert, a. a. O. , S. 87

27 Der Leipziger Kaufmann Jaques Gailhac war selbst Refugié aus Agnaine im Languedoc (Südfrankreich) und hatte sich zunächst in Berlin angesiedelt, bevor er gegen Ende des 17 Jh. sein Geschäft nach Leipzig verlegte (Vgl. E. Muret, Geschichte der französischen Kolonie, S. 20.)

28 So bereits bei E. Muret, Geschichte der Französischen Kolonie, S. 152. Aber auch in der neuesten Literatur wird dies so dargestellt: F. Fischer, Die Hugenotten in Berlin, S. 40; M. Welge, Die Armenfürsorge, S. 190; U. Fuhrich-Grubert, Die Französische Kirche zu Berlin, S. 28

29 Zwar gibt es eine Notiz im Protokollbuch des consistoire vom 3. März 1717, wonach dies so aussieht , als ob J. Gailhac diese Anregung zu verdanken sei: „Le d. Mr. Galhac [sic] nous fait aussi dans cete lettre des ouvertures sur l’établissement d’une maison d’Orphelins parmi nous“ („ Der genannte Herr Gailhac eröffnet uns in diesem Brief Gedanken zur Einrichtung eines Waisenhauses bei uns“) – AFrD: Reg.Cons. Vol. 5, S. 422/423. Nur waren diese Überlegungen nicht seine, sondern offensichtlich die eines holländischen Freundes, denn in dem Brief vom 18. Februar 1717, auf den diese Protokollnotiz sich bezieht und der uns an anderer Stelle noch erhalten ist, lesen wir: „Nostre ami D’holande ma chargé de vous remercier de l’information que votre venerable Compagnie a bien voulu lui donner sur tout ce quil auoit souhaitte de sauoir, Il est fort ediffié du bon ordre quil remarque dans toute votre sage et prudente administration surtout dans Celleci que vous tenez pr. les orphelins qui est aprochant de le mesme acequil dit que celleci quils observent dans les Maisons qui leur sont destinees, Il croit Cependant Messieurs que si vous pourries trouuer le Moyen de vous procurer une Maison p. les y loger que vous pourriez faire un Espargne assez Considerable [...]“ („Unser Freund aus Holland hat mich beauftragt, Ihnen für die Informationen zu danken, die Ihre ehrwürdige Versammlung ihm über alles, was er gewünscht hatte zu wissen, bereitwillig gegeben hat. Er ist sehr erbaut/angetan von der guten Ordnung, die er in Bezug auf Ihre gesamte kluge und umsichtige Verwaltung feststellt, vor allem wie Sie es bezüglich der Waisen halten, die derselben ähnlich ist, wie er sagt, die sie in den Waisenhäusern [in Holland] beachten, die für sie bestimmt sind. Dennoch, meine Herren, glaubt er, dass wenn Sie die Mittel finden könnten, sich ein Haus zuzulegen, um sie [die Waisen] dort unterzubringen., sie ziemlich beträchtliche Ersparnisse machen könnten [...]“, AFrD: Rep. 20 – Actes.Mais.Orph.Origine, fol. 1-2

30 Vgl. J. Wilke, Die Französische Kolonie, S. 396

31 Vgl. K. Manoury, Geschichte der Französischen Kirche, S. 20

32 Vgl. K. Manoury, a. a. O., S. 20-24

33 „Meiner Meinung nach bedarf es einer detaillierteren Aufstellung all dessen, was man beabsichtigt in diesem Waisenhaus einzurichten, nämlich, welche Personen man hier aufnehmen wird, auf welche Weise, in welchem Alter und für welche Zeit sie hier Aufnahme finden werden; welche Vorsorge man bezüglich des Unterrichts treffen wird, womit sie beschäftigt werden und ob man sie Berufe lehrt, die es ihnen ermöglichen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mit einem Wort – alles, was man an Wesentlichem bezüglich ihrer Seele und ihres Körpers unternehmen wird. Man sollte auch Hinweise auf die Ordnung geben [...]“ .AFrD: Rep. 20 – Actes.Mais.Orph.Origine, fol. 72, vgl. auch Bib.SHPF, Ms. Court 617 N, S. 497/498

34 Vgl. zur „Schichtzugehörigkeit“ der Mitglieder des consistoire bzw. diaconat die Tabelle im Anhang S (?) Für die diesbezügliche Zurverfügungstellung eines Teils der Daten habe ich Marc Maurat (Toulouse) zu danken

35 Siehe oben

36 „Um zu regeln, auf welche Weise das diaconat gegenüber denjenigen ihrer Armen handeln / sich verhalten kann, die große Sünde und Schande betrieben haben“ (AFrD: Reg.Cons. Vol. 5, S. 424)

37 So z. B. von Spener, vgl. dazu U. Sträter, Soziales Engagement, S. 72; zu weiteren in diese Richtung weisenden zeitgenössischen Äußerungen vgl. die Zitate bei H. Kallert, Waisenhaus, S. 51

38 Vgl. die Eintragung vom 10. März 1717. Dort ist die Rede davon, dass das skandalöse Verhalten der Armen durch „impureté“ („Unreinheit/Unkeuschheit“) hervorgerufen worden sei (AFrD: Reg.Cons. Vol. 5, S. 426)

39 Vgl. hierzu S... und Anm... so wie H. Krüger, Geschichte der Manufakturen, S. 288f. und 278ff.

40 Vgl. AFrD: Reg.Cons. Vol. 5, S. 428

41 Das Reglement lautet: „Quoi q. l’assistance q. le Consist.e donne quelquefois aux personnes Pauvres, lors meme qu’elles sont tombées dans quelq. grande faute ne leur ayant eté continué q. dans un esprit de charité. Cependant sur la representation qui a eté faite, q. les aumones, qu’on donne à de si mauvais sujets ne servent bien souvent, qu’a les entretenir dans le vice, et que d’ailleurs on pourroit par là refroidir la charité de plusieurs Fidéles: il a eté resolu, qu’on n’assistera plus à l’avenir ces Pecheurs scandaleux, à moins qu’il n’y eut des raisons tres fortes, et tres puissantes, pour faire en faveur de quelques uns une exception au Réglement present...et l’execution en sera remise à Mrs. les anciens-diacres, qui se conduiront à cet égard, selon leur prudence et leur charité accoutumée.“ („Obwohl die Unterstützung, die das consistoire manchmal armen Personen gewährt, selbst wenn sie schwer gesündigt haben, ihnen nur aus einem Geist der Nächstenliebe heraus weiter gewährt wird, ist dennoch in Folge der Darstellung, die vertreten wurde, dass die Almosen, die man an solche schlechten Subjekte / Personen / Untertanen vergibt, nicht selten dazu dienen, sie nur im Zustand ihrer Verderbtheit / ihres Lasters zu halten – und dass man dadurch übrigens die Mildtätigkeit mehrerer Gemeindemitglieder zum Erkalten bringen könnte- ,beschlossen worden, dass man in Zukunft nicht mehr diese schändlichen Sünder unterstützen wird, es sei denn es gäbe hierfür besonders starke und gewichtige Gründe, um zu Gefallen einiger eine Ausnahme von diesem gegenwärtigen Reglement zu machen...und seine Ausführung wird den Ältesten-Diakonen anheim gestellt, die in dieser Beziehung mit der üblichen Umsicht und Nächstenliebe Verhalten vorgehen sollen.“) AFrD: Reg.Cons. Vol. 5, S. 428

42 Jedenfalls lässt sie sich statistisch nicht festmachen oder bestätigen. Vielmehr sprechen die Zahlen für eine unveränderte Situation und Handhabung

43 So heißt es im Protokollbuch des consistoire: „Le Secretaire a eté chargé, et autorisé de faire imprimer des Exemplaires d’attestations et d’en faire imprimer quelques Exemplaires, où ces parolles Vecu chretiennement, sans donner aucun scandale qui soit venu à notre connoissance seront supprimées, pour servir aux personnes, qui auront mené une vie scandaleuse, et digne des censures Ecclésiastiques.“ („Der Sekretär ist beauftragt und autorisiert worden, Bescheinigungs-Exemplare drucken zu lassen, davon einige Exemplare, wo die Worte ‘christlich gelebt ohne irgendeinen Anstoß erregt zu haben, die uns bekannt geworden wäre’ ausgelassen / ge­stri­chen werden sollen, um sie für die Personen verwendet zu werden, die ein schändliches Leben führten und kirchliche Maßregelung verdienen.“ AFrD: Reg.Cons. Vol. 6, S. 6). Diese Maßnahme bezog sich zwar auf alle, die einer solchen Bescheinigung bedurften, traf aber die Armen in besonderer Weise und war auch in erster Linie auf sie gerichtet.

44 Da diese attestations für viele franz.-prot. Arme als Ausweis ihrer Unterstützungswürdigkeit dienten, mußte die Streichung dieser entscheidenden Passage für viele bewirken, dass sie gar nicht oder nur äußerst minimal unterstützt wurden, was sie aber nur umso mehr in die Illegalität oder Prostitution treiben mußte. Besonders wichtig waren diese Dokumente für Arme, die einen Ortswechsel vornahmen. Eine solch entsprechende Diskreditierung verhinderte oder erschwerte eine Etablierung andernorts, so dass damit die Entwurzelung und das „Vagabunden“-Problem nur verschärft wurde. Das wiederum konnte nur eine weitere Überlastung der Städte und Überforderung der Armenfürsorge nach sich ziehen.

45 Obgleich dies im Brief des „Freundes aus Holland“ als Vorteil in Aussicht gestellt wurde, sprachen zahlreiche zeitgenössische Erfahrungen dagegen. Vor allem aber mußte erst einmal ein solider Kapital­grundstock gelegt werden.

46 E. Birnstiel/ A. Reinke, Hugenotten in Berlin, S. 51

47 Vgl. E. Birnstiel/ A. Reinke, a. a. O., S. 50 f.

48 Vgl. S (?) der Arbeit. Das zeigt sich nicht nur in den Hoffnungen, die der Kurfürst seinerzeit mit dem To­leranzedikt verband, sondern auch deutlich in dem später individuell zu leistenden Treueid gegenüber dem Kö­nig: „Ich schwöre und gelobe, Seiner Königlichen Majestät in Preußen und dem Hause Brandenburg unter­würfig und treu zu dienen, allein Seinen Befehlen zu gehorchen und nach bestem Vermögen Seinen Vorteil zu mehren, wie auch alles abzuwenden, was Ihm zum Schaden gereichen könnte, schließlich mich stets so zu ver­halten, wie es einem treuen Untertan gebührt; so helfe mir Gott durch seinen Sohn Jesus Christus, unseren Ret­ter. Amen.“ (zitiert nach E. Birnstiel / A. Reinke, a. a. O., S. 50)

49 Vgl. E. Birnstiel / A. Reinke, a. a. O., S. 51 und die dazugehörige Anmerkung 21, S. 141

50 Vgl. H. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 72, Anm. 22. Holland konnte zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine lange Tradition des Erziehungsgedankens und der Erziehungspraxis zurückblicken. Diese Tradition wurde von dem Humanisten Vives begründet, der die Erziehung besonders armer und verwaister Kinder als präventive Maßnahme zur Verhinderung von Verarmung sah und entsprechende Armenschulen gründete (vgl. hierzu, H. Scherpner, Theorie der Fürsorge, S. 106-109; ders., Geschichte der Jugendfürsorge, S. 27-39). Diese Gedanken waren seinerzeit auch in die Armenordnung von Ypern (1531) eingegangen (hierzu vgl. C. Lindberg, La Théologie et l’assistance publique. Le cas d’Ypres, S. 28) . In der Zeit des 17 Jh. haben in Holland auch die stark repressiven Institutionen wie Spinn- und Zuchthäuser für die Erziehungspraxis eine sehr wichtige Rolle gespielt, so z.B. das Spinnhaus in Amsterdam (vgl. H. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 46-49). Die weiter unten im laufenden Text erwähnte Bitte des Berliner consitoire um Zusendung der Waisenhausordnung bezieht sich jedoch nicht auf dieses Spinnhaus, sondern bezeichnenderweise auf das Waisenhaus der dortigen franz. Gemeinde. beziehen sich jedoch nicht auf dieses Spinnhaus, sondern auf ein dort befindliches Waisenhaus.Zur Entwicklung der öffentlichen Armen- und Jugendfürsorge in Holland bis zum 18. Jahrhundert vgl. auch J. Bonenfant, Hopitaux et Bienfaisance, S. 115ff. Was den Bekanntheitsgrad des Halleschen Waisenhauses angeht, so fällt auf, dass es sogar der franz.-prot. Gemeinde in Lausanne (Schweiz) durch die von ihm herausgegeben Nachrichten, die über den jeweils aktuellen Stand der Einrichtung berichteten, bekannt war und zum Vorbild diente Das ist einem Brief des Pfarrers Bergier vom 24. Februar 1719 zu entnehmen (AFrD: Rep. 20 – Actes.Mais.Orph.Origine, fol. 75/76). Zu seinem Vorbildcharakter für Lausanne vgl. auch in der vorliegenden Arbeit, S......Zum guten Ruf und Bekanntheitsgrad Halles vgl. grundsätzlich H. Kallert, Waisenhaus, S. 35.

51 Der betreffende Abschnitt aus dem Protokollbuch des consistoire liest sich so, als ob „diese Waisenhäuser“ nur in Holland existiert hätten: „M.r Le Jeune ayant Recu une lettre de M.r Jacques Galhac [sic] de Leipzig en date du 19e Janvier dernier concernant l’etablissement d’une maison d’orphelins parmi nous, en a fait la lecture dans la Compagnie à la quelle il en a laissé la copie et ayant demandé, et proposé q. la Compagnie veuille ecrire aux Eglises de Hollande, oû il y a des maisons d’Orphelins établies, p.r leur demander copies des Reglemens, Status, Droits, et prerogatives de ces maisons; apres q. le d. M.r Le Jeune a eté remercié, de ses bons offices, et prié de repondre de la part de la Compagnie avec remerciment au d. M.r Galhac, il a eté résolu, q. M.r le Moderateur ecrira à toutes ces Eglises p.r les requerir de nous communiquer tous les eclaircissement parmi nous.“ („Herr Le Jeune, der einen Brief erhalten hat von Herrn Jacques Galhac [sic!] aus Leipzig mit Datum vom 19. Januar, betreffend die Einrichtung eines Waisenhauses bei uns, hat ihn in der Compagnie vorlesen lassen. Er hat davon eine Abschrift überlassen und gebeten und vorgeschlagen, die Compagnie möge an die Kirchen Hollands schreiben, um Abschriften der Reglements, Statuten, Rechte und Vorrechte dieser Häuser zu erhalten. Nachdem besagtem Herrn Le Jeune gedankt worden war für seine guten Dienste und er gebeten worden war, im Namen der Compagnie besagtem Herrn Galhac zu antworten und zu danken, ist beschlossen worden, dass der Herr Vorsitzende an alle diese Kirchen schreiben soll, um sie zu ersuchen, uns all die notwendigen Erläuterungen und Hinweise zu übermitteln, die eine solch löbliche Einrichtung bei uns betreffen (könnten).“ AFrD: Reg.Cons. Vol. 6, S. 108, 09.02.1718).

52 Vgl. AFrD: Rep. 20 - Actes.Mais.Orph.Origine, fol. 3, 4-5 u. 26; GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 54

53 Entsprechend trägt das dortige Waisenhaus auch später noch, nachdem der Hugenottenzustrom bereits er­folgt war, den Namen „Maison des Orphelins de l’Eglise Wallone d’Amsterdam“ („Waisenhaus der wallo­ni­schen Kirche von Amsterdam“). Hierzu vgl. die Überschrift der im Anhang abgedruckten „Ordres et Regle­mens“ aus dem Jahre 1679 (Anhang S.... – GemAA 201: 655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort: „Ordres et Reglemens, 1679, o. fol.)

54 Vgl. H. Bots/ R. Bastiaane, Die Hugenotten und die niederländischen Generalstaaten, S. 57

55 Zu diesem Hintergrund vgl. ebd., S. 55 ff.

56 Vgl. hierzu das im laufenden Text folgende Zitat aus der Schrift P. J. Marpergers

57 Das wird so ausdrücklich in einem längeren Schriftstück der Berliner franz.-ref. Waisenhauskommission vom 14. Januar 1722 betont (vgl. I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 53-54)

58 P. J. Marperger, Wohlmeynende Gedanken über die Ver­­sorgung der Armen, S. 126.

59 J. Gailhac war der Meinung, dass ein solches Vorgehen vorzuziehen sei (vgl. AFrD: Rep. 20, Actes.Mais. Orph.Ori­gine, fol. 3)

60 Die Amsterdamer Waisenhausordnung traf im Mai 1718 ein (vgl. Eintragung im Protokollbuch des con­sistoire vom 25. Mai 1718 in: AFrD: Reg.Cons. Vol. 6, S. 167). Im Oktober 1718 empfing die Waisenhauskommission die entsprechende Waisenhausordnung von Halle (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 1, 20.10.1718).

61 In den Protokollbuchabschriften aus dem Nachlaß des Geheimen Rats de Campagne findet sich folgende Eintragung: „Le 23 Novembre 1718 le Secretaire a été autorisé de presenter à S. E. le grand marechal un memoire tendant a avoir copie des Patentes privileges et prerogatives des Maisons d’Orphelins etablis a Konigsberg, Potsdam, Orangebourg et Lindow, afin que la compagnie puisse se regler la dessus.“ („Am 23. November 1718 ist der Sekretär autorisiert worden, ein Schreiben an Seine Exzellenz, den Großmarschall, aufzusetzen, um zu versuchen, eine Kopie der Patente, Privilegien und Vorrechte der Waisenhäuser, die in Königsberg, Potsdam, Oranienburg und Lindow errichtet wurden, zu erhalten, damit die compagnie sich danach richten kann/daran orientieren kann.“) – AFrD: Nachlass „De Campagne“, Bd. X/1 Extraits regitres, S. 732, 23.11.1718.(S. 732)

62 Die Amsterdamer Einrichtung war als ausschließliches Waisenhaus konzipiert. Das geht aus den heute noch überlieferten und im Stadtarchiv Amsterdam befindlichen Reglements des Waisenhauses von 1653 hervor (vgl. GemAA 201: 655: Reglemen het Hospice 1653-1888, o. fol.).

63 Vgl. H. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 80.

64 Vgl. hierzu W. Grün, Speners soziale Leistungen, S. 10-56 und 66-76.

65 U. Sträter, Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 223.

66 Mit U. Sträter, a. a. O., S. 223.

67 Vgl. U. Sträter, a. a. O., S. 223.

68 Vgl. U. Sträter, a. a. O., S. 202, 210, 223 und 230.

69 U. Sträter resümiert: „Vermutlich wird sich bestätigen, dass kaum jemals dort, wo sich pietistische Sozial­verantwortung in einer Anstaltsgründung erwiesen hat, eine Nachahmung der Franckeschen versucht oder ein Waisenhaus nach dem Muster des Halleschen gegründet worden ist; fast durchweg handelt es sich entweder um kleine Stiftungen im traditionellen Stil des Hospitals oder aber um „moderne“ Zentralanstalten mit Manufak­turbetrieben.“ (ders., Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 230); vgl. auch H. Kallert, Waisenhaus, S. 35-41, bes. S. 38. Die Darstellung H. Kallerts ist jedoch von einer gewissen dualistischen Gegenüberstellung des Halleschen und seiner Tradition gefolgten landesfürstlichen Waisenhäuser geprägt.

70 Allenfalls wäre als ein pietistisches Spezifikum dieser „Anstalt“ die von H. Scherpner beschriebene eigen­tümliche Unternehmens- und Organisationsform zu bezeichnen, die sich immer an augenblicklichen Bedürf­nissen orientierte und A. H. Francke unter Verzicht auf die Schaffung eines großen anfänglichen Stiftungs­fonds ganz darauf vertraute, „dass er durch die göttliche Providenz immer wieder rechtzeitig die Mittel zur Fortführung seines Werkes erhalten würde“ (H. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 72). Obwohl diese spontane, risikobereite und improvisationsfreudige Struktur von H. Scherpner als historisch neuartig betont wird, wird man sagen können, dass sie dennoch historisch belanglos geblieben ist und auch keine Impulse für die Sozialpolitik oder Sozialpädagogik gebracht hat, zumindest, was den Zeitraum des 18 Jh. betrifft.

71 Der Begriff „soziale Intervention“ ist entlehnt von W. Bäuerle (ders., Soziale Intervention). Als ihr Ziel definiert W. Bäuerle : „mehr Fähigkeit und mehr reale Möglichkeit zur Selbstbestimmung, zur Eigenlenkung des sozi­a­len Verhaltens und zur sozialen Beteiligung und Mitverantwortung an einer und für eine Gesellschaft und Umwelt, die den Lebensbedingungen aller Menschen besser gerecht wird“. (ebd., S.10).

72 Auf „die z. T. sehr engen Beziehungen zwischen den Gedanken und Beispielen Vives’ und der Arbeit Franckes in Halle“, verweist schon U. Sträter (ders., a. a. O., S. 207, Anm. 34).

73 1727 besuchten 2234 Kinder die Schulen, von denen jedoch nach den Angaben U. Sträters zu dieser Zeit nur 137 Waisen gewesen sind (vgl. ders, Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 220).

74 Diese Gefahr besteht bei U. Sträter, wo er, wenn auch mit einer anderen Absicht

75 Diese gesteht selbst U. Sträter ein, wenn er auf den größeren Rahmen des Franckeschen Generalreformpro­gramms zur „‘Universalverbesserung in allen Ständen’“ verweist (vgl. ders., a. a. O., S. 221) Ähnlich be­schreibt R. Vierhaus den Pietismus als eine soziale Reformbewegung, die „zwar nicht die Gesellschaft in ihrer Struktur.. , wohl aber die Menschen in ihren verschiedenen Ständen“ ändern wollte (ders., Deutschland im Zeitalter des Absolutismus, S. 104). Gesellschaftliche Veränderung wird also auf der Ebene des Bewusstseins angegangen und auf die Strukturen bezogen konservativ verstanden. Hierin unterscheidet sich A. H. Francke nicht wesentlich von Ph. J. Spener. Entscheidender Unterschied – und für unseren Zusammenhang von Bedeutung - ist, dass bestimm­­te Charakteristika seines pädagogischen Kon­zeptes selbst eine sozialpädagogische und sozialpoli­tische Dimension bzw. Funktion haben, wie z.B. die Orientierung an Begabungen und Neigungen der Kinder bei Erziehung und Berufswahl. Das darf nicht als ein rein pädagogisches Element isoliert betrachtet werden, sondern muß gerade da in seiner gesellschaftlichen Funktion gesehen werden, wo das Armutsproblem allein unter dem Aspekt der Versorgung betrachtet wurde und seine Lösung – und sei es auch nur die der Versorgung – nicht etwa im positiven Sinn ökonomisch angegangen wurde, sondern ökono­mi­stischen Interessen und Experimenten unterworfen wurde und die Betroffenen dabei von einer Abhängigkeit in die nächste geführt wurden. Man kann sagen, dass diese Bevölkerungsgruppen in den Zentralanstalten und durch dieselben eher gesellschaftlich (weiterhin) isoliert als integriert worden sind. Auch wenn sich A. H. Francke nicht (grundsätzlich) negativ gegenüber Manufakturen im Bereich des Erziehungswesen etc. geäußert hat, so scheint mir der andersartige Akzent der Halleschen Einrichtung in den Ausführungen U. Sträters den­noch zu kurz zu kommen. Mit einem wie von A H. Francke vertretenen Konzept muß sich nicht automa­tisch eine Fortschrittsfeindlichkeit verbinden. Diese Annahme wäre zu kurschlüssig und würde auch nicht mit der Realität Halles übereinstimmen. Aber als Grundprinzip im Rahmen dieser Hilfseinrichtungen hielt man die Kooperation mit wirtschaftlichen Unternehmen nur soweit für vertretbar, wie sie den eigenen konzeptionellen Ansatz bzw. die Interessen der Kinder nicht gefährdeten (vgl. U. Sträter, a. a. O., S. 212, H. Scherpner, Geschich­te der Jugendfürsorge, S. 77 u. 81). Nicht umsonst existierte deshalb der Franckesche Grundsatz „nur ‘uninteressierte’ Erzieher über die Kinder zu setzen“ (H. Kallert, Waisenhaus, S. 38). Letzten Endes läßt sich nicht alles an der Halleschen Konzeption als Zufallsprodukt erklären, wie es U. Sträter für einen Teil der Be­son­derheiten ausmachen zu können glaubt (vgl. ders. a. a. O., S. 219/220). In Bezug auf das von ihm angeführ­te Manufakturunternehmen, das Francke intentioniert habe und nur aus finanziellen Gründen wieder abge­schafft habe, müsste man z. B. auch genauer die Rahmen- und Vertragsbedingungen ansehen, bevor man zu einem Urteil der Zufälligkeit kommen kann, auf die die geringfügige Kooperation mit Manufakturen zurückzu­führen sei. So wird es von U. Sträter übrigens im Fall des Laubacher Waisenhauses mehr oder weniger prakti­ziert (vgl. hierzu, a. a. O., S. 225-229). Erhob eine Manufaktur vertraglich den Anspruch auf alle Waisenkin­der, so konnte das z.B. mit dem Ziel einer breit gefächerten individuell orientierten Erziehung und Berufsvor­be­rei­tung kollidieren, wie wir noch am Beispiel des Maison des Orphelins sehen werden.

76 Vgl. U. Sträter, a. a. O., S. 212.

77 Vgl. Art. 16; 19 und 20 der Reglements. Die Artikelangabe bezieht sich jeweils auf die gedruckte Ausgabe der Reglements des Waisenhauses (vgl. Literaturverzeichnis), es sei denn es wird auf eine andere Fassung verwiesen.

78 U. Sträter, a. a. O., S. 212.

79 Der Kurfürst sollte die Einrichtung „unter seinem ‘hohen Namen, Schutz und Autorität’ führen lassen, damit es hinfüro nicht als ein Privat-, sondern als ein publiques Werk considerieret werden müsse’“ (zitiert nach C. Hinrichs, Preußentum und Pietismus, S. 26; vgl. auch U. Sträter a. a. O., S. 221).

80 Sie wurden ihm am 10. Dezember 1722 gewährt – also bevor das Gebäude errichtet war (vgl. E. Muret, Hospiz, S.7).

81 So richtete Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1723 eine neue zentrale Behörde ein, das Generaldirektorium (vgl. R. Vierhaus, Deutschland im Zeitalter des Absolutismus, S. 143).

82 Siehe oben. Da folglich der König auch für die Hugenotten trotz ihrer andersartigen presbyterial-syonodalen Tradition Summus Episcopus war, erklärt das das Zustandekommen dieser Reglementspezifika.

83 Vgl. Art. 1.

84 Vgl. hierzu Art. 2.

85 H.. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 73.

86 In den Akten finden sich zahlreiche Beispiele dafür. Die als „commissaires externes“ beauftragten Leute waren wichtige Kontakt- und Unterstützungspersonen in anderen Städten und Ländern. Sie halfen mit Geldspenden, unterstützten Kollekten und standen über brieflichen Kontakt beratend zur Seite. Die Liste der hinzugezogenen Personen reichte von Wesel über Lausanne, St. Gallen, Genf, Livorno, Rotterdam, Amsterdam, Utrecht, Leiden, Paris, London, Dublin. Unter den Personen befanden sich vor allem Pfarrer und einflussreiche Adlige bzw. Bürger (Banquiers und Geschäftsleute), die teils auch als anciens oder anciens-diacres tätig waren. Von großem Vorteil für die Nachrichten- und Geldübermittlung waren ihre zahlreichen internationalen Geschäftsverbindungen. Alle, die offiziell als „commissaire externe“ beauftragt wurden, waren hugenottischer Abstammung. Daran ist erkennbar, dass die internationalen Verbindungen des Refuge lebendig und von wichtiger Bedeutung sowohl für die religiöse Identität als auch für solche konkreten Projekte wie dem Maison des Orphelins waren. Zu den commissaires externes zählte auch Mirmand aus Lausanne (Schweiz) (vgl. AFrD: Prot. Mais. Orph., Nr. 1, 03.11.1718), der bereits in Nîmes als Diakon tätig war und nun im Refuge zu einer der wichtigen Persönlichkeiten wurde, die die Etablierung der Hugenotten im Exil und die Reorgani­sation ihrer Kirchen mit Engagement und Geld förderten. Sein Interesse galt nicht zuletzt dem sozialen Be­reich. Davon zeugt die diesbezügliche zahlreiche Korrespondenz mit der Berliner Gemeinde. Auch wenn wir konstatieren können, dass die finanzielle Unterstützung teilweise hinter den Erwartungen zurückblieb, weil zahlreiche Kolonien in anderen Städten und anderen Ländern von extremster Armut und Entwurzelung, vor allem infolge von Manufakturkrisen, geplagt waren. Zum hier Dargestellten vgl. bes. die handschriftlichen Briefe in: AFrD: Rep. 20 - Actes.Mais.Orph.Orignie, fol. 1ff.; vgl. außerdem Direction de la Maison des Or­phe­lins, Maison des Orphelins, S. 7; C. Reyer, Geschichte der französischen Kolonie, S. 204.

87 Dazu siehe unten

88 In A. H. Francke will H. Scherpner gewissermaßen den Prototyp eines „Sozialunternehmers“ oder „-managers“ sehen: „man kann sagen, dass August Herrmann Francke der erste Unternehmer auf dem Gebiet der Fürsorge gewesen ist.“(ders., a. a. O., S. 73).

89 „Dons“ („Gaben“) waren hier die zu Lebzeiten gemachten Schenkungen.

90 Als „légats“ („Legate“) wurden die testamentarisch festgehaltenen Schenkungen oder andere Vermächtnisse dieser Art bezeichnet. Vor allem die Legate hatten eine nicht unerhebliche Bedeutung als Einnahmequelle, da die sittlich-religiöse Verpflichtung dazu besonders stark ausgeprägt war.

91 Durch die Kapitalien à fonds perdus waren auch Geldanlagen möglich, die für Betroffenen durch Festsetzung eines bestimmten Zinssatzes eine Leibrente zur Altersversorgung abwarfen (vgl. Anhang, S... und siehe ausführlicher weiter unten S... ).

92 Auch Francke hat in seinem „Großen Aufsatz“ solche oder ähnliche Vorschläge zur Kapitalanhäufung gemacht und dafür geworben (vgl. Auszüge aus „Der große Aufsatz“ von A. H. Francke in: H.-W. Krumwiede/ M. Greschat: Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, S. 69-74). Insofern war auch er an einem festen Kapitalgrundstock interessiert, auch wenn gelegentlich ein anderer Anschein erweckt wird, wo man A. H. Franckes Improvisatorisches Handeln betonen möchte.

93Jedes Jahr in der Woche nach dem Pfingstfest soll der Kassenwart eine Rechnungslegung in Gegenwart der sowohl vom consistoire als auch von der [Waisenhaus-]Kommission benannten Kommissionsmitglieder vornehmen. Dazu werden zu diesem Zweck noch vier Personen dabei sein, d. h. zwei Räte des Obersten Gerichts, die sich zwei ehrbare Personen der Kolonie aussuchen, welche nicht den oben genannten Kollegien angehören. Die Kirche[ngemeinde] wird auch darüber in Kenntnis gesetzt durch ein Schriftstück, das von der Kanzel aus verlesen wird, damit die Familienhäupter, die dem gerne beiwohnen würden, es machen können und Kenntnis über die Verwaltung erhalten können.“ (Art. 15).

94 H. Scherpner, a. a. O., S. 73.

95 Bezeichnenderweise bestand die ganz zu Beginn berufene Kommission, ohne die „commissaires externes“ mitzuzählen, aus 17 Mitgliedern, von denen die Mehrzahl, nämlich 9, nicht dem consistoire angehörte. Diese Personen waren interessierte und befähigte „chefs de famille“ „Familienhäupter“.

96 Hierzu siehe oben S... der vorliegenden Arbeit.

97 Vgl. E. Beyreuther, Geschichte der Diakonie, S. 26., G. Uhlhorn, Geschichte der christlichen Liebestätigkeit, S. 202.

98 Zur aktiven von Ph. J. Spener betriebenen Sozialpolitik und seine Zuständigkeitszuschreibung an die Obrigkeit vgl. U. Sträter, Soziales Engagement bei Spener, bes. S. 79f.

99 Siehe unten

100 U. Sträter, Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 212.

101 Vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol.73 (Art. 33).

102 Siehe unten S...

103 Vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol.73 (Art. 33). Die Stundenzahl für den Unterricht ist vergleich­bar der in Halle (vgl. zum dortigen Tagesablauf H. Kallert, a. a. O., S. 28). Bei beiden Einrichtungen wurde also der Unterricht gegenüber der Arbeit favorisiert.

104 Vgl. H. Kallert, a. a. O. S. 28.

105 Nach H. Kallert gab es in Halle „keine Freizeit, die mit ‘Spielen und anderem Zeitverderb’ verbracht werden durfte.“ (dies., Waisenhaus, S. 28). Die Kinder sollten ständig nützlich beschäftigt sein, um Müßiggang und damit Sünde zu vermeiden (vgl. H. Scherpner, Geschichte der Jugendfürsorge, S. 76).

106 Vgl. Art. 34.

107 Vgl. unter Punkt IX  der „Ordres & Reglemens pour le PERE & la MERE de la Maison“ der im Anhang ab­ge­druckten Reglements vom 19. März 1679 (Anhang, S...; GemAA 201:  655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort: „Ordres et Reglemens, 1679, o. fol ).

108 Letzteres gilt, wie anderen Waisenhausakten zu entnehmen ist, vor allem für die Mädchen zur Vorbereitung auf den Hauswirtschaftsdienst (siehe unten S...). Auch in Halle widmet man der Qualifikation der Mädchen für diesen Beruf besondere Aufmerksamkeit (vgl. H. Kallert, Waisenhaus, S. 31 u. 93; A. H. Francke, Pädagogi­sche Schriften, S. 187ff.). Typisch für das Maison des Orphelins als einer in reformierter Tradition stehenden Einrichtung scheint jedoch zu sein, dass man darüber hinaus Mädchen auch in verschiedene Lehren vermittelte (siehe unten S...), was nach H. Kallert in reformierten Waisenhäusern im Gegensatz zu anderen üblich war. Die Berufswahl war dabei nicht auf reine Frauenberufe beschränkt. Dazu verweist H. Kallert z.B. auf Genf (dies., Waisenhaus, S. 93).

109 Vgl. diesbezüglich zu Halle H. Kallert, a. a. O., S. 33 u. 34; H. Scherpner, a. a. O., S. 78.

110die ihnen [=den Kindern] zusagen [oder: für sie passend sind – beide vom Sinn her unterschiedlichen Übersetzungen sind möglich], indem sie [=die Leitungsmitglieder] sich so weit wie sie es können an die Neigungen der Kinder halten“ (Art. 20).

111 Vgl. E. Birnstiel erwähnt z.B. Begabtenstipendien zum Besuch weiterführender Schulen (ders., Zwischen zwei Kulturen, S. 114).

112 Zu den pädagogischen Vorstellungen der Aufklärung und ihres Einflusses auf die „Wohlfahrtspflege“ vgl. Ch. Koch, Wandlungen der Wohlfahrtspflege, S. 82-85 u. 90-92; zu obigem Aspekt bes. S. 91/92.

113 So anzutreffen bei dem Kameralisten J. H. G. von Justi. Er vertrat übrigens auch die Auffassung, dass die private (dazu gehörte auch die kirchliche) Wohltätigkeit sich der staatlichen Zielsetzung anpassen müsse ( vgl. J. H. Peter, Die Probleme der Armut, S. 217-223, bes. S. 218 u. 219; zu Letzterem bes. S. 217).

114 Vgl. J. H. Peter, a. a. O., S. 215, Anm. 13.

115 Siehe hierzu beispielsweise die Ideen und Vorschläge der Kameralisten J. H. G. Justi und J. Freiherr von Sonnenfels (vgl. J. H. Peter, a. a. O., S. 220 u. 223/224 ).

116 Dieser Unterschied muß umso nachdrücklicher betont werden, als dass der Status quo der Armen im feuda­len Ständesystem gemäß der konventionellen Vorstellung keine andere Integration erlaubte als die Fü­gung in die vorbestimmte Rolle innerhalb ein und derselben „Kaste“, der man seit geraumer Zeit Arbeit­samkeit und Nützlichkeit abzutrotzen versuchte, ohne ihnen jedoch eine berufliche- und Lebens­perspektive zu eröffnen, die über Abhängigkeit und Zwang hinausgegangen wäre. Für die Betroffenen setzte sich durch Zentralanstalten und ähnliche Einrichtungen und Maßnahmen nur das fort, was sie gewohnt waren: “Ganz außerhalb der staat­li­chen und rechtlichen Ordnung standen die Unterschichten, für die es vom ständischen Prinzip her im gesell­schaftlichen System keinen Platz gab.“ (Das Zitat ist von H. Pohl, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, S. 267).

117 Aus D. Marshall, The English Poor in the Eighteenth Century, S. 21, zitiert nach W. Fischer, Armut in der Geschichte, S. 47.

118 Vgl. Art. 31 u. 32. Der Artikel 32 beschränkte sich dabei auf hausmeisterliche Funktionen. Die Waisen­haus­leitung bestimmte aus ihrer Mitte die Inspektoren, die wöchentlich Ein- und Ausgaben der Waisen­haus­eltern überprüften (vgl. Art. 40) und eigentlich alle ökonomischen Geschicke des Hauses lenkten bzw. zur Ausführung brachten (vgl. Art. 22).

119 Vgl. Art. 26 u. 28.

120 Diese Qualifikation wird zwar nicht durch eine bestimmte Ausbildung erworben - eine solche gab es damals auch noch nicht – , aber als erforderliche Eigenschaften für die in Frage kommenden Personen wurde festgehal­ten: „ reconnus de bonnes moeurs, sans reproche, graves, prudents et ayant toutes les qualités pour bien admi­ni­strer“ („bekannt für gute Sitten, ohne Tadel, ernsthaft, verständig und mit allen [erforderlichen] Qualitäten zur Führung des Hauses versehen“ vgl. Art. 27).

121 Die Begriffe fanden bereits vor Halle weit verbreitete Verwendung (vgl. z.B. H. Kallert, a. a. O., S. 15).

122 Vgl. Art. 26 mit H. Kallert, a. a. O., S. 28

123 Vgl. Art. 26 mit H. Scherpner, a. a. O., S. 74.

124 Vgl. U. Sträter, Pietismus und Sozialtätigkeit, S. 212.

125 Vgl. Art. 26 u. 28 mit H. Scherpner, a. a. O., S. 69-71 u. 75f.; H. Kallert, Waisenhaus, S. 26.

126 So schreibt z.B. R. Weber über das Erziehungsideal der Waisenhäuser im 18 Jh.: „Ziel war im 18. Jh. der gottesfürchtige und durch seine Arbeit der Allgemeinheit nützliche Mensch.“ (ders., Deutsches Armen- und Bettelwesen, S. 264).

127 Von dem Amsterdamer Reglement hat man sich gewiß bei der endgültigen Festlegung der Zusammensetzung der Waisenhausleitung inspirieren lassen, die nämlich auch dort zur einen Hälfte aus Mitgliedern des consistoire und zur anderen aus befähigten Gemeindemitgliedern bestand (vgl. hierzu GSTA:  I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 54). Auch die ab 1768 eingeführten drei „dames directrices“ (siehe unten S...  ; zur Anzahl der „Leitungsdamen“ vgl. Direction de la Maison des Orphelins, Maison des Orphelins, S. 20 ) können als ein Reflex auf das Amsterdamer Modell gesehen werden, denn auch dort gab es drei „dames directrices“ (vgl. dazu ebenso GSTA: a. a. O., fol. 54).

128 Die Leitung wird in dem Reglement ausdrücklich verpflichtet, nicht nur die Neigungen, sondern sogar den Willen der Kinder bei der Berufswahl zu berücksichtigen. So heisst es unter IX. der Reglements „...pour les Regens“ : „Lors que les Orphelins seront capables pour estre mis à quelque Mestier, les Regens auront soin de les colloquer chez quelque bon Maistre, & suivront autant que la raison le permettra l’inclination des Enfans, afin de ne leur point faire apprendre un Mestier du tout contre leur inclination & volonté.“  („Wenn die Wai­sen [soweit] befähigt sind, um sie in eine Lehre zu geben zu können, sollen die Leiter dafür Sorge tragen, dass sie bei einem guten Meister untergebracht werden und sie sollen, sich soweit wie es die Vernunft zuläßt, an den Neigungen der Kinder orientieren, um sie nicht einen Beruf erlernen zu lassen, der ihrer Neigung und ihrem Willen völlig entgegensteht/widerstrebt.“) - GemAA 201:  655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort: „Ordres et Reglemens“, 1679, o. fol.; siehe auch Anhang, S.... ..).

129 Die Kinder, die sich noch nicht in der Lehre befinden, haben eine feste Unterrichtszeit von 9 bis 11 Uhr. Die Kinder, die abends von ihrer Lehre ins Haus zurückkehren, erhalten anschließend noch Unterricht (vgl. Artikel XI der „Ordres & Reglements  pour le Pere & la Mere de la Maison“ – GemAA 201:  655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort: „Ordres et Reglemens“, 1679, o. fol.; siehe auch Anhang, S.... ..).

130 Unter Artikel IV der „Ordres & Reglements  pour le Pere & la Mere de la Maison“ heisst es: „Ils aimeront les Orphelins de la Maison, non pas comme des Enfans estrangers, mais comme s’ils estoient leurs Enfans propres, afin de les conduire & gouverner en qualité de Pere & Mere.“ („Sie sollen die Waisenkinder des Hau­ses nicht wie fremde Kinder lieben, sondern so, als ob es ihre eigenen wären, um sie in ihrer Eigenschaft als Vater und Mutter zu führen und zu leiten.“) – ebd., o. fol.

131 Vgl. Artikel I der „Reiglemens pour la Maistresse cousturiere de la Maison“ in: GemAA 201:  655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort im Reglement von 1653, o. fol. Dort ist eindeutig von „enseigner“ („unterrichten“) die Rede. Der Zweck ist also nicht der Profit, sondern die Befähigung der Waisenmädchen.

132 Vgl. bes. Artikel IV, ebd.

133 Vgl. Art. IV u. V der „Reglemens pour les Regentes“ in: GemAA 201:  655: Reglemen het Hospice 1653-1888, dort unter: „Ordres et Reglemens“, 1679, o. fol.; siehe auch Anhang, S.... ..).

134 Vgl. Art. III, ebd.

135 Vgl. Art. IV, ebd.

136 E. Birnstiel, Hugenotten in Berlin, S. 68.

137 E. Birnstiel, a. a. O., S. 68. Er folgt der Übersetzung von E. Muret, a. a. O., S. 154/155.

138 U. Fuhrich-Grubert, Die Französische Kirche zu Berlin, S. 28.

139 Vgl. zu diesem Begriff den Exkurs „Pauvres honteux“ oben S...

140 E. Muret, Geschichte der Französischen Kolonie, S. 154.

141 C. Reyer, Geschichte der französischen Kolonie, S. 205.

142 Zur Genehmigung eingereicht wurden die Reglements endgültig Anfang Dezember 1724  eingereicht (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 07.12.1724).

143 Nach der Revision des Königs und der letztgültigen Bestätigung umfassten Reglements und Statuten 43 Artikel, von denen der 18. Artikel eingefügt wurde. In der zur letztgültigen Genehmigung vorgelegten und von den königlichen Ministern bereits geringfügig modifizierten Fassung, waren es 42 Artikel ohne der besagten Einfügung ( vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 70-73 u. fol. 95/96). Wahrscheinlich ist dieser Artikel auf Anraten des Ministers von Plotho eingefügt worden (vgl. ebd.).

144 Der Konflikt um die Genehmigung der „Privileges“ („Privilegien“) zog sich über ein Jahr hin. Eingereicht bzw. beantragt wurden sie vom consistoire und der Kommission Anfang November 1722. Endgültig vom Kö­nig genehmigt wurden sie erst am 10. Dezember 1723 (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 29.10.1722 und Prot.Mais.Orph., Nr. 3, handschriftliche Abschrift der Privilegien anschließend an die Eintragung vom 25.11.1723, vgl. auch AFrD: Inv.général.Doc. ) Gegenstand des Konflikts war vor allem die Frage der Einwir­kungsmöglichkeit des Königs auf die Belange der Einrichtung. Von königlicher Seite wollte man sich das Recht der Bestätigung der Leitungsmitglieder vorbehalten, wie es bis dato auch für die einzelnen Mitglieder der Kommission praktiziert worden war. Hieran stieß sich aber das franz.-prot. Selbstverständnis, wonach die Mit­glie­der, vor allem, sofern sie aus dem consistoire entsendet werden, schon ausreichend legitimiert sind. Da sich die Kirchengemeinde auch als eigentlicher Träger der neu zu errichtenden Institution verstand und dia­ko­nische Aufgaben traditionell von den Repräsentanten oder Beauftragten der Gemeinde wahrgenommen wur­den, stieß der Wunsch des Königs auf Widerstand und war gleichzeitig Exemplum für den auch auf anderen Gebieten spür­ba­ren Kampf um die Kirchenleitung. Auf der einen Seite existierte die franz.-reformierte Tradition einer selbständigen Kirchenverwaltung.  Dem stand auf der anderen Seite das Interesse des Herrscherhauses an der Aufrechterhaltung – und im Zuge des Absolutismus auch des Ausbaus  -des Prinzips des Sum­mus Episcopus gegenüber. Bereits am 2. Dezember, kurz nach Kenntnisnahme der Bedingung, dass die Mitglieder vom König bestätigt werden müßten, beschloß man, gegen diese Bestimmung Beschwerde einzulegen, um zu erreichen, dass die Leitungsmitglieder dieser Bestätigung nicht bedürften (vgl. AFrD: Reg.Cons. Vol. 6, 02.12.1722) Dass sich das consistoire als „unique directeur“ („alleiniger Leiter“) der Einrichtung verstand, ist schon am 30. März 1718 protokollarisch festgehalten (vgl. AFrD: Reg.Cons. Vol. 6, S. 151, 30.03.1718). Der als Präsi­dent des franz. Oberdirektoriums vermittelnde Minister Knyphausen machte dann das Angebot einer leich­ten Abwandlung. War zunächst nur von der Bestätigung des Königs die Rede, so beinhaltete der Vor­schlag nun, dass die Mitglieder zunächst vom consistoire gewählt und benannt werden soll­ten, bevor sie dann die könig­liche Bestätigung erhalten sollten (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3 ,08.02. 1723). Doch auch auf diese Varian­te wollte das consistoire sich nicht einlassen. Die Verhandlungen kamen schließlich ins Stocken. Denn die königliche Verwaltung wollte ebensowenig Abstriche machen. Der ganze weitere Verlauf, be­sonders der Entwurf eines Reglements, war jedoch an die Genehmigung der Privi­legien gekoppelt, da in ihnen auch die Beauftragung des Personenkreises geregelt war, der die Reglements aus­arbeiten sollte. So sah man sich schließlich genötigt, sich dem Kompromissvorschlag zu fügen, nachdem die Zeit bereits fortge­schritten war und das Projekt gefährdet erschien, weil es keine offizielle und legale Grundla­ge hatte, auf die es gerade aus Werbungsgründen zwecks Anschub- bzw. Weiterfinanzierung angewiesen war (vgl. zur vorange­gangenen Darstel­lung: AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 27.03.1723 und  Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 15.08.1723 und GSTA: I. HA Rep. 122 7a VI, Nr. 1, fol. 69 RS).

145 Vgl. Anm... (342)

146 Vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 28.09.1724.

147 Am 8. Februar 1725 reagierte die Kommission mit einem Schreiben auf Kritik und Erläuterungswünsche des zuständigen Ressortministers von Plotho, in welchem sie den Entwurf weitestgehend verteidigen und Kritik und Befürchtungen als unberechtigt zurückwiesen (vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol 83 u. fol. 84-85). Von Plotho befürchtete vor allem eine finanzielle Selbstüberforderung bei der Vermittlung von Waisen in geeignete Lehrstellen mit entsprechender Ausstattung etc. Für diese Maßnahme hatte er nicht nur wenig Verständ­nis, weil er dies als Aufgabe der Vormünder sah, sondern auch weil er verhindern wollte, dass die Kolonie dadurch finanziell belastet würde oder Kosten auf den Staat zukämen. Ein weiterer negativer Punkt schien ihm die Aufnahme von Pensionären (Kinder, die gegen ein Entgelt im Waisenhaus Aufnahme fanden) zu sein. Er befürchtete, dass das Haus damit bald überwiegend aus solchem Klientel bestehen würde und andere arme Waisen damit ausgeschlossen würden (GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 81-82 u. 87-88). Das lag zwar nicht in der Absicht der Kommission. Von Plotho vertrat aber ein staatlich-kameralistische Prinzip der Sozialpolitik, die die Funktion von caritativen Einrichtungen hauptsächlich darin sah, Arme zu versorgen, zu beschäftigen und als Störfaktor (Bettel etc.) der Gesellschaft „auszuschalten“. 1725 waren Konzepte, die andere Schwerpunkte setzten (gerade durch die Integration von Waisen-Pensionären und verarmten Waisenkindern) noch suspekt. In einer Zeit, in der man nach schnellen Lösungen suchte und mit der massenweisen Stadtarmut konfrontiert war, waren sie des Luxus und der Naivität verdächtig.
So verwundert es nicht, dass von Plotho das Antwortschreiben der Kommission als „purement illusoire“ („völlig illusorisch“) und „en partie critique“ („zum Teil kritisch [im Sinne von „gefährlich“] ) tituliert und fordert, dass man ihm keine weiteren Antworten mit „unnützen“ („inutiles“) Kommentaren mehr zuschicken solle (vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 90). Die Waisenhausleitung übt nun insofern Zurückhaltung, als dass sie Schutz von Knyphausen erbittet und ihn ersucht, sich für die Genehmigung der Reglements einzusetzen und gegebenenfalls nötige Änderungen vorzunehmen ( vgl. AFrD.: Prot.Mais.Orph., Nr.3, 16.02.1725) . Die Kommission oder das consistoire nehmen keine weiteren Eingaben oder Gegendarstellungen vor.

148 Von der Rücksichtnahme auf die betroffenen Kinder zeugt der folgende Ausschnitt aus dem Protokollbuch, wo festgehalten ist, dass die Kommission den damaligen Präsidenten des franz. Oberdirektoriums Knyphausen darum bat, „d’avoir la bonté d’obtenir le plutôt qu’il se pourra de S.M. la confirmation du projet des Statuts, parceque les orphelins... ne retirent plus rien du Diaconat que leur Simple nourriture“ („er möge die Güte haben, so schnell wie möglich von Seiner Majestät die Bestätigung des Statutsentwurfs zu erlangen, weil die Kinder [gemeint sind die bereits in Auswahl genommenen Kinder]..nicht mehr als die bloße Nahrung vom Diaconat erhalten“ , AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 25.01.1725). Der Druck, der schnelles Handeln erforderte, war damit besonders groß – vor allem  nachdem sich bereits die Diskussion um die Privilegien so lange hingezogen hatte. Von diesem Interesse zeugt auch schon die Eintragung vom 14.12.1724 : „Mrs. Felix et  Feriet Sont charges de solliciter la confirmation du Projet des Statuts qu’ils ont remis a Son Ex. et cependant on a resolu de continuer à metre des choses Sur un pied à pouvoir introduire incessamment les orphelins dans la maison“ (Die Herren Felix und Feriet [=Kommissionsmitglieder] sind beauftragt, sich um die Bestätigung des Statutsentwurfs zu bemühen, den sie Seiner Excellenz [gemeint ist Knyphausen] überstellt haben und dennoch wurde beschlossen, die Dinge soweit vorzubereiten, dass man unverzüglich die Waisen ins Haus einführen kann.“ AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 14.12.1724).

149 Vgl. die ursprüngliche geringfügig veränderte Fassung (GSTA: I. HA Rep. 122, 7a VI Nr. 1, fol. 70-73).

150 Das geht daraus hervor, dass in der ursprünglichen Version in den dort aufeinanderfolgenden Artikeln 14 und 15 unterschiedslos von den „pauvres orphelins“ („arme Waisen“) die Rede ist. Selbst im endgültigen Reglement ist der Wortlaut dieser beiden Artikel nicht verändert worden (gedruckte Fassung Art. 17 u. 19), so dass der Einschub von Artikel 18 schon deshalb auffällt, weil er nicht organisch in den Duktus bzw. den logischen Aufbau der Artikel passt. Umso deutlicher tritt dadurch die Fremdabsicht zu Tage.

151 So nimmt auch das Informations- und Werbeschreiben über das Vorhaben der Gründung des Waisenhauses vom 1. September 1718 in keiner Weise Bezug auf die Standesfrage, sondern nur auf die Armutssituation. Im Anschluss an den Hinweis, dass sich in Berlin eine große Zahl in Not befindlicher Menschen aus allen Teilen Deutschlands und Europas zusammenfinden würde, heisst es: „Cela même fait voir l’extreme besoin que nous avons d’une maison d’orphelins qui sera d’un grand soulagement pour notre Diaconat, et dune extreme Con­solation pour les peres et meres qui laissent, en mourant, leurs enfans dans la pauvreté et qui auront par la une assurance que leur posterieur ne sera point abandonnée ni à l’égard du Salut, ni a légard de la vie tempo­relle qu’on leur apprendra a gagner.“ („Das macht auch deutlich, wie sehr wir eines Waisenhauses be­dürfen, das eine große Entlastung für unser diaconat wäre und ein besonderer Trost für die Väter und Müt­ter, die, wenn sie sterben, ihre Kinder in der Armut zurücklassen und die so eine Sicherheit haben, dass ihr Nachkomme nicht verloren sein wird, weder in Bezug auf das [Seelen-]Heil noch auf das alltägliche/zeitliche Leben, dessen Unterhalt man sie lehren wird zu verdienen.“ AFrD: Rep. 20 – Actes.Mais.Orph.Origine, fol. 15)  

152 Von Plotho störte sich wie oben erwähnt z.B. an der Mischung des Klientels armer Waisen mit Pensionären (s. o. Anm...)

153 In einem Schreiben von Januar 1725, also kurz nach Erhalt des Reglementsentwurfs, will Plotho in den Reglemens festgehalten wissen, „qu’on traitera les enfants des officiers et autres de distinction sur un meilleur pied, que ceux du menu peuple“ („dass man die Kinder von Offizieren und anderen Ständen bevorzugt gegenüber denen des einfachen Volkes behandeln soll“ GSTA: I. HA Rep. 122, 7 a VI Nr. 1, fol. 75). Die Tatsache, dass von Plotho daran gelegen war, dies unbedingt festhalten zu müssen, zeigt dass er die Kommission verdächtigte, auf die Standesunterschiede nicht so viel Wert zu legen oder sie nicht wahren zu wollen, zumindest von der Konzeption eine solche Wirkung befürchtete. Das Erscheinungsbild der Hugenotten in Berlin gab zu dieser Verdächtigung oder Befürchtung keinen Anlaß. Es ist der  innovatorische Zug einer solchen begabungsorientierten und auf Integration hin angelegten Konzeption, der hier zum Tragen kommt und auf Widerstand stößt. 

154 Da die Wahrung einer bevorzugten Behandlung der Waisen aus „besseren Ständen“, wie sie von Plotho im Blick hatte, kaum kontrollierbar war, weil es sich um eine Frage der alltäglichen Leitung der Einrichtung handelte, auf die der Staat keinen direkten Einfluß ausüben konnte, mußte es nahe gelegen haben, über eine äußere Bestimmung, die die Aufnahmebedingungen betrifft, auf die Geschicke des Waisenhauses in dieser Hinsicht einzuwirken. Auffällig bei der dann erfolgten Einfügung des Artikels 18 ist, dass nicht nur Offiziers-und Adelsstand besonders berücksichtigt werden sollten, sondern auch Manufakturbetreiber und Händler (vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7 a VI Nr. 1, fol. 95/96 und auch das Zitat des Artikels oben S...). Hier scheint nicht nur der Geist des Standesdenkens hindurch, sondern auch das staatliche Interesse an der Nützlichkeit bestimmter Bevölkerungsanteile und des geringeren Wertes anderer. Das steht auch ganz in der Linie der Aufnahme-Edikte und Privilegien der Hugenotten in Brandenburg- Preußen (s. o., S...).

155 Nach der von von Plotho erteilten Rüge an den „unnützlichen“ und „illusorischen“ Bemerkungen des Schreibens der Kommission vom 8. Februar, autorisierte diese Knyphausen, Minister und Präsident des franz. Oberkonsistoriums, notwendige Änderungen vorzunehmen und sich ansonsten für den Reglemententwurf und die Interessen des Waisenhauses einzusetzen. Diesbezüglich hatte der Präsident offenbar das Vertrauen der Kommission aufgrund zurückliegender Erfahrungen erworben (vgl. GSTA: I. HA Rep. 122, 7aVI Nr. 1, fol. 90 und AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 16.02.1725). Das Beispiel zeigt, dass die Leitung des franz. Oberdirektori­ums nicht immer nur als Interessensvertretung des Staates wahrgenommen wurde (vgl. auch oben S...).  

156 Vgl. Anm... (352)

157 Siehe oben S...

158 Vgl. Direction de la Maison des Orphelins, Maison des Orphelins, S. 13.

159 Vgl. Direction de la Maison des Orphelins, a. a. O., S. 13.

160 C. Reyer, Geschichte der französischen Kolonie, S. 205

161 Hierzu bzw. zum Folgenden vgl. die im Anhang S... dargestellte Liste und Auswertung derselben (AFrD: Reg.cont.Orph., Personen-Nr. 1-31).

162 Vgl. vorige Anmerkung.

163 Eben auf diese Weise wird z.B. am 24. Mai 1725 bezüglich der Bitte um Aufnahme eines solchen Waisen­kin­des verfahren (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 4, 24.05.1725).

164 Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele. In Auswahl sei hier auf besonders markante verwiesen.: Am 25. April 1737 wird in Aussicht gestellt, eines der vier Mädchen der Witwe Morelly aufzunehmen, da die Witwe „außer­stande ist, ihnen einen Bissen Brot zu verschaffen“ („etant hors d’etat de leur procurer un morceau de pain“ AFrD. Prot.Mais.Orph, Nr. 7, 25.04.1737). Am 6. November 1732 lautet die Begründung für die Aufnahme eines Waisenjungen: „non seulem.t parcequ’il etoit pauvre, mais sur tout parce que l’ayant examiné il avoit trouvé que c’etoit un Sujet de grande esperance(„nicht nur weil er arm war, sondern vor allem weil man, nachdem man ihn untersucht/geprüft hatte, befunden hatte, dass es sich um eine Person handelt, die sehr wohl hoffen läßt “ AFrD: Reg.extrait.prot., Nr. 2, 06.11.1732). In dieser Begründung kommt der Gedanke zum Vorschein, dass die materiell bedingte Armut Talente verbirgt bzw. behindert, die zu fördern sind.
Auch verlassene Kinder wurden aufgenommen, obwohl es sich nicht um eigentliche Waisen im Sinne des Reglements handelte,  so z. B. am 6. November 1733 das Mädchen Marie Laurent (AFrD: Prot.Mais.Orph, Nr. 5, 06.11.1733). Aus der Analyse der Diakonieprotokolle wissen wir, dass verlassene Kinder den ärmsten Schich­ten zugehörten, da nämlich gerade das Unvermögen solcher verarmter Eltern Beweggrund für das Zu­rück­lassen der Kinder war. In besonderer Häufigkeit begegnete dieses Problem in der Zeit der Wollmanufak­tur­krise (1736-39) (siehe oben S...). Am 1. November 1753 wird sogar ein „proselyte“ („Neubekehrter“) unter an­de­rem wegen seiner mangelhaften Ressourcen als Halbpensionär aufgenommen, obwohl es eigentlich nach stren­ger Auslegung gegen Art. 16 des Reglements verstieß, wonach nur Kindern von Nachkommen der fran­zösischen Flüchtlinge, die Aufnahme in dem Haus zustand. Dieser Regelverstoß wird sogar so im Protokoll­buch eingestanden (vgl. die Eintragungen in: AFrD: Reg.extrait.Prot., Nr. 3, 14.08.1753 u. 01.11.1753). 

165 Den Hintergrund bildeten Mißernten, Teuerungskrisen  in der Zeit von 1718 bis 1721, im Jahr 1728 und Absatzkrisen im Bereich der Wollproduktion besonders in den Jahren 1736-1739. Dazu kam, dass der König in der Zeit der großen Absatzkrise erneut die Zuwanderung in die Hauptstadt forcierte und damit die Krise verschärft wurde. Vgl. zu diesen Informationen: H. Schultz, Berlin 1650-1800, S. 126-130. Bezüglich des Charakters der Krisen resümiert H. Schultz: „Schon die Krise des Jahres 1728, erst recht aber die der Jahre 1735 bis 1738 waren nicht mehr nur Krisen des ‘ancien type’, keine bloßen Subsistenzkrisen, die sich allein aus dem Zusammenwirken von Mißernten, Teuerung und Seuchen erklären lassen. Es handelte sich ganz offenbar um Krisen, die erheblich durch die neuen manufakturkapitalistischen Produktionsverhältnisse verschärft und bestimmt wurden.“ (dies., a. a. O., S. 130).

166 Schon bei der Unterbringung der ersten vom diaconat überstellten Waisen im Jahr 1725 weigerte sich die Leitung alle genannten aufzunehmen, da einige unter ihnen chronisch krank oder (geistig) behindert waren. Mit Bezug auf sie wandte man ein: „ces dernieres etant plutôt des Sujets de l’hopital que d’une maison d’orphelins où leurs infirmites peuvent aisement se communiquer.“ ( „Diese letzteren sind eher ‘Insassen’ des Hospitals als die eines Waisenhauses, wo ihre Gebrechlichkeiten sich leicht übertragen können.“  AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 4, 11.01.1725). Der Hinweis auf die Übertragung bezog sich vor allem auf Kinder, die ansteckende Krankheiten hatten. Noch deutlicher wird das Motiv für den Ausschluß solcher Kinder an einer späteren Stelle im Protokollbuch: Im Jahr 1734 ging es um die zusätzliche Aufnahme von Kindern, die eigentlich vom diaconat versorgt wurden. In diesem Zusammenhang hält die Waisenhausleitung als vierten Punkt der Bedingungen für die Aufnahme der Waisen fest: „Cette Maison etant fondée pour donner une bonne education aux enfans, on ne doit y metre que ceux qui sont en etat d’en profiter, et non les imbeciles, les malades, et ceux qui sont affliges de quelque infirmité qui les empechat de se metre en etat de pouvoir un jour gagner leur vie.“ („Da dieses Haus gegründet worden ist, um den Kindern eine gute Erziehung zu geben, darf man dort nur die unterbringen, die in der Lage sind, davon zu profitieren, und nicht die Geistesschwachen, die Kranken oder die, die von irgendeiner Krankheit geplagt werden, die sie hindert, sich in den Stand zu setzen, sich eines Tages ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“ AFrD: Reg.extrait.Prot., Nr. 2, 01.07.1734 (Art. 4)). Hier tritt ganz klar die Leistungsausrichtung des Waisenhauses hervor, die es von einer reinen  Versorgungs­einrichtung gleich welcher Form, Ausrichtung oder Trägerschaft abhob.

167 Zu den religiös-ethischen Motiven vgl. besonders die Predigtanalyse in der vorliegenden Arbeit.

168 Siehe oben S...

169 Vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 12.10.1724 u. 23.11.1724. Jaques Gibert schien auch dadurch qualifiziert, dass er ebenso Katechist war und auch schon „sous la croix“ („unterm Kreuz“ – gemeint ist damit vermutlich die Situation der Verfolgung in Frankreich) gepredigt hat.

170 Von den insgesamt acht uns bekannten und im Protokollbuch festgehaltenen Bewerbern hatten fünf einen handwerklichen Beruf, zwei waren „maître d’école“. Von einem erfahren wir nur, dass er Witwer war, nicht jedoch seinen Beruf (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 12.10.1724).

171 J. Gibert und seine Frau erhielten neben Kost und Logis die vergleichsweise nicht unbeträchtliche Summe von 60 Reichstalern pro Jahr (AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 30.11.1724). Der Gedanke durch minimalsten finanziellen Aufwand mehrere Funktionen innerhalb des Hauses an eine Person zu binden, mag eine Rolle da­bei gespielt haben. Der Arzt Ribe hatte jedoch zuvor bereits angeboten, die Aufgaben des Ökonom unentgeldlich wahrzunehmen (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 3, 12.10.1724), damit ein „Maître d’école“ ausschließlich für den Unterricht eingestellt werden könnte. Auf diesen Vorschlag ging man aber nicht ein, so dass anzunehmen ist, dass die Leitung anfangs geneigt war, Erziehung und Unterricht möglichst in einer Hand zu konzentrieren.

172 Vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 4, 02.08.1725 und 17.08.1725.

173 Siehe unten

174 Von dieser Einsicht zeugen auch zwei Testamente vom Jahr 1727 und 1734, wo man offensichtlich eher mit dem Umgekehrten rechnete, nämlich dass Anverwandte, die in Frankreich zurückgeblieben waren, vielleicht doch irgendwann nachziehen würden. Deshalb wurden sie nämlich im Testament bedacht (siehe zu diesen Beispielen: M. Welge, Die Armenfürsorge, S. 204.

175 Vgl. die Tabelle „Eheschließungen und Nationalität der Ehepartner im Zeitraum 1676-1812“ und ihre Interpretation bei E. Birnstiel / A. Reinke, Hugenotten in Berlin, S. 95.

176 Das läßt sich einer späteren Eintragung im Protokollbuch entnehmen (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 5, 24.06.1729).

177 Die Befähigung zum Lateinunterricht war ein Grund für die Einstellung des „Deutschlehrers“ Rex am 17. August 1725 (vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 4, 17.08.1725).

178 Besonders durch das Legat der Witwe Du Bois aus dem Jahre 1761 kam dem Waisenhaus eine beträchtliche Summe zu, die sich auf 17807 Reichstaler belief (vgl. Direction de la Maison des Orphelins, Maison des Orphelins, S. 15).

179 Im Eröffnungsjahr 1725 konnte man am 16. Mai entgegen den ursprünglich vorgesehenen 10 Waisen aus finanziellen Gründen zunächst nur mit 8 Waisen beginnen (vgl. Direction de la Maison des Orphelins, a . a O. S. 14).

180 Vgl. AFrD: Prot.Mais.Orph., Nr. 5, 24.06.1729.

181 Vgl. AFrD: Reg.extrait.Prot., 05.05.1757 und Actes.Mais.Orph.Instruction, fol. 5-7. Ob bereits die Protokollbucheintragungen aus dem Jahre 1756, in denen die Rede von einer Klassifizierung der Waisen ist, in diesem Sinne zu deuten sind, kann mangels genauerer oder weiterer Informationen nicht beantwortet werden (vgl. AFrD: Reg.extrait.Prot., 04.03.1756 und 18.03.1756).

182 Vgl. „Projet addition aux Reglements de la maison des Orphelins francois determinant la fonction des maîtres et autres Employés dans la maison“ (AFrD: Actes.Mais.Orph.Instruction, fol. 5; siehe auch Anhang S...).

183 Vgl. Anm... (372), siehe auch Anhang S...

184 Vgl. Art. 4  Anhang S...

185Die Absicht der Leitung ist nur, dass Ordnung und Harmonie herrschen, nicht aber eine Übermacht/Übe­rle­ge­nheit des einen über dem anderen zuzuweisen“ (Art. 9 Anhang S... ).

186 Zur Bedeutung der „Discipline Ecclésiastique“ s. o. S... Die für die Berliner Gemeinde gültige Fassung befindet sich abgedruckt bei E. Mengin, Recht der französisch-reformierten Kirche, S.64-185.

187Man hat beschlossen, den genannten Lempire in der Eigenschaft als Zuchtmeister einzustellen, damit er zweimal pro Woche kommt, um die zu strafen, die in Frage kommen. Man hat für ihn dafür einen Reichstaler pro Quartal festgesetzt.“ (AFrD: Reg.extrait.Prot., 07.06.1759)

188 Siehe oben S...und unten S... der Arbeit.

189 Dieses Reglement ist zu finden in: AFrD: Actes.Mais.Orph.Surv., fol. 1-4 und im Anhang der Arbeit auf S... abgedruckt.

190 Vgl. Punkt 19 a. a. O., fol. 2 und fol. 4, siehe Anhang S...

191 Vgl. U. Fuhrich-Grubert, Die Französische Kirche zu Berlin, S. 29.

192 Unter Punkt 2 des jeweiligen Reglements für surveillant und surveillante wird bestimmt, dass sie die Kinder nicht aus dem Blick verlieren dürften und ihr Tun ständig beobachten müßten (vgl. a. a. O., fol. 1 u. 3, siehe Anhang)

193 Vgl. a. a. O., fol.1-4, bes. die Punkte 3, 4, (5),7, 15,18.

194 Vgl. Punkt 15 a. a. O., fol. 2 und fol. 4.  Anhang S...

195 Vgl. in diesem Reglement a. a. O. Punkt 15 und in einem fast zeitgleichen weiteren Reglement (s. u.) für die „dames directrices“ Artikel 6, Absatz 3, im Anhang S...

196 Vgl. unter Punkt 2 des Reglements im Anhang S...

197 Vgl. Punkt 19 des Reglements im Anhang S...

198 Vgl. Punkt 18 des Reglements im Anhang S...

199 Siehe oben S... und vgl. auch H.Kallert, Waisenhaus, S. 33.